Frühstart-Rente für Kinder ab 2026 – Umfassende Analyse der geplanten Kinderrente

Frühstart-Rente: Staatliche Kinderrente - Fakten, Chancen, Kritik

Hintergrund und politischer Rahmen

Die Frühstart-Rente ist eine neue, staatlich geförderte Altersvorsorge für Kinder, die nach aktuellem Stand ab dem 1. Januar 2026 in Deutschland eingeführt werden soll. (Update: ein Start Anfang Januar 2026 ist inzwischen fraglich) Die Idee entstand im Wahlprogramm der CDU/CSU („Merz-Depot“) und wurde in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD in den gemeinsamen Koalitionsvertrag aufgenommen. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD („Schwarz-Rot“) hat sich damit auf dieses Konzept als Teil einer Rentenreform verständigt.

Bei der sogenannten Kinderrente handelt es sich bisher um eine Absichtserklärung („wir wollen… einführen“), deren genaue Umsetzung noch vom Gesetzgeber ausgearbeitet werden muss. Ziel der Frühstart-Rente ist es, Kapitaldeckung frühzeitig zu fördern und junge Menschen an private Altersvorsorge sowie den Kapitalmarkt heranzuführen. CDU-Parteichef Friedrich Merz betonte dazu: „Wir stellen das System um“ – weg von reiner Umlage, hin zu eigenem Kapitalstock. Diese Maßnahme soll langfristig helfen, die gesetzliche Rente zu entlasten und der demografischen Herausforderung zu begegnen.

Zudem ist sie Teil eines größeren Rentenpakets, das auch eine Aktivrente (steuerfreier Hinzuverdienst für Rentner), Verbesserungen bei der Mütterrente und die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige umfasst.

Politisch ist bemerkenswert, dass diese Idee – ursprünglich von der Union – parteiübergreifend Konsens fand. Selbst die SPD, die früher eher auf die gesetzliche Rente setzte, unterstützt nun dieses kapitalgedeckte Instrument im Koalitionsvertrag. Allerdings äußern oppositionelle Stimmen auch Kritik: So nannte eine AfD-Sozialpolitikerin die Frühstart-Rente ein „Alibiprojekt“, da ihrer Ansicht nach am Ende zu wenig herauskomme.

Insgesamt muss die endgültige gesetzliche Ausgestaltung (voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025) abgewartet werden. Fest steht jedoch, dass die Frühstart-Rente in der aktuellen politischen Konstellation als Teil der Rentenreform fest eingeplant ist.


Eckdaten der Frühstart-Rente: Förderung, Berechtigung, Laufzeit, Anlage, Steuern

Die Frühstart-Rente funktioniert nach dem Prinzip einer staatlichen Anschubfinanzierung für jedes Kind in Deutschland, kombiniert mit langfristiger Kapitalanlage. Die wichtigsten Fakten im Überblick:

  • Staatlicher Förderbeitrag:
    • 10 € pro Monat für jedes förderberechtigte Kind.
    • Die Zahlungen erfolgen vom 6. bis zum 18. Lebensjahr des Kindes, also über 12 Jahre hinweg.
    • Insgesamt kommen so 1.440 € an staatlichen Einzahlungen pro Kind zusammen (10 € × 12 Monate × 12 Jahre).
    • Eine automatische Anpassung dieses Betrags an die Inflation ist bisher nicht vorgesehen – er ist als fester Betrag festgeschrieben, während der Sachverständigenrat in seinem ähnlichen Modell „Kinderstartgeld“ eine Inflationsanpassung vorgeschlagen hatte.
  • Berechtigte Kinder:
    • Anspruch auf die Förderung sollen alle Kinder und Jugendlichen von 6 bis 18 Jahren haben, die eine Schule oder anerkannte Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen. Damit sind typischerweise Schulkinder sowie ggf. Auszubildende (mit Berufsschule) und Studierende abgedeckt.
    • Nicht erfasst würden demnach Kinder unter 6 Jahren sowie Jugendliche, die nach der Schulzeit vorübergehend keine Ausbildung/Studium absolvieren (z.B. in einem Freiwilligenjahr) – hier ist noch unklar, ob und wie diese Fälle behandelt werden.
    • Die Förderung erfolgt ohne Antragsverfahren automatisch – Eltern müssen also keinen Antrag stellen, was Bürokratie abbauen soll.
    • Allerdings ist noch offen, wie die Kontrolle der Bildungs-Voraussetzung ablaufen soll; Experten warnen, dass eine Kopplung an Schulbesuch ein aufwändiges Kontrollsystem erfordern könnte. Möglicherweise wird man auf vorhandene Meldedaten (Schulpflicht, Schulstatistiken) zurückgreifen, um die Berechtigten festzustellen.
    • Unabhängig vom Einkommen der Eltern erhalten alle anspruchsberechtigten Kinder den gleichen Betrag – es gibt keine Einkommensprüfung für die Grundförderung.
  • Altersvorsorge-Depot & Anlageform:
    • Für jedes förderberechtigte Kind wird ein persönliches Altersvorsorge-Depot geführt.
    • Dieses Depot soll individuell auf den Namen des Kindes laufen und wird privatwirtschaftlich organisiert, nicht vom Staat direkt verwaltet.
    • In dieses Depot fließen die staatlichen Beiträge und es kann daraus in Kapitalmarktprodukte investiert werden – vorrangig in Aktienfonds oder ETFs.
    • Riskantere Produkte wie Derivate oder Kryptowährungen sollen ausgeschlossen sein, um ein seriöses langfristiges Sparen sicherzustellen. Eine typische Anlagestrategie könnte ein breit gestreuter ETF-Sparplan (z.B. auf den MSCI World Index) sein.
    • Wie genau die Anlageentscheidung getroffen wird, ist noch offen: Denkbar ist, dass die Eltern oder später die Jugendlichen selbst Fonds auswählen können. Für den Fall, dass keine aktive Anlageentscheidung getroffen wird, muss es eine Standardlösung (Default) geben. Experten verweisen hier auf das schwedische Modell, wo bei der Prämienrente das Geld automatisch in einen staatlichen Basisfonds (AP7) fließt, wenn kein eigener Fonds gewählt wird. Ob Deutschland ähnlich einen vorgegebenen Standardfonds anbieten wird, ist noch unklar – es wird aber diskutiert, um zu gewährleisten, dass das Geld sinnvoll investiert wird, selbst wenn sich die Familie nicht darum kümmert.
    • Das Depot gehört rechtlich dem Kind; Eltern haben keinen Verfügungszugriff darauf (sie können es also nicht vorzeitig auflösen o.Ä.).
  • Sperrfrist und Verfügbarkeit:
    • Das angesparte Kapital ist bis zum gesetzlichen Rentenalter des Kindes gesperrt.
    • Eine Auszahlung oder Entnahme vor Erreichen der Regelaltersgrenze (derzeit 67 Jahre) ist ausgeschlossen – weder das Kind selbst (im jungen Erwachsenenalter) noch die Eltern oder der Staat können vorzeitig an das Geld heran. Damit dient dieses Depot ausschließlich der Altersvorsorge.
    • Selbst in Notlagen (z.B. finanzielle Engpässe in der Familie, Studium) bleibt das Geld tabu – ein Kritikpunkt, da es keinerlei Flexibilität gibt, etwa für Bildungsfinanzierung oder Eigenheim, was bei anderen Sparmodellen (z.B. Bausparverträgen) teils möglich ist. Auch eine vorzeitige Kündigung oder Übertragung ist nicht vorgesehen.
    • Stirbt die Person allerdings vor Rentenbeginn, geht das Guthaben an die Erben über, es verfällt also nicht.
  • Nachträgliche Eigenbeiträge:
    • Ab dem 18. Lebensjahr kann der junge Erwachsene eigene Einzahlungen in dieses Depot leisten. Dies darf bis zu einem jährlichen Höchstbetrag erfolgen – die genaue Höhe dieses Limits ist noch offen und soll gesetzlich festgelegt werden.
    • Ziel ist, dass das Depot nach Ende der staatlichen Zuschüsse weiterwächst und der junge Mensch idealerweise kontinuierlich privat weiter spart.
    • Wichtig: Vor 18 sind private Einzahlungen offenbar nicht vorgesehen (auch Eltern können bis dahin keine Extra-Beiträge in das geförderte Konto einzahlen). Einige Experten regen an, diese Beschränkung zu überdenken, da zusätzliche Einzahlungen schon während der Kinderjahre den Zinseszinseffekt noch stärker wirken ließen. Stand jetzt bleibt es aber dabei: erst ab 18 darf aufgestockt werden.
    • Denkbar ist, dass Jugendliche dann z.B. Teile ihres Ausbildungs- oder ersten Gehalts bis zum jährlichen Maximalbetrag in das Depot einzahlen. Über viele Jahre können solche Eigenbeiträge den Endbetrag um ein Vielfaches erhöhen, wie die Szenarien weiter unten zeigen.
  • Steuerliche Behandlung:
    • Ein großer Vorteil der Frühstart-Rente sind steuerliche Privilegien: Während der Ansparphase sind alle Erträge steuerfrei. Kursgewinne, Dividenden oder Zinsen im Depot werden bis zum Renteneintritt nicht versteuert. Das ermöglicht echtes Brutto-Wachstum des Kapitals über Jahrzehnte.
    • Erst bei Auszahlung im Rentenalter fallen Steuern an. Wie genau diese Besteuerung aussieht, ist noch nicht endgültig geregelt. Im Koalitionsvertrag steht nur, dass die Erträge bis Renteneintritt steuerfrei sein sollen. Wahrscheinlich ist, dass die Auszahlungen im Alter als Einkommen zu versteuern sind (ähnlich wie bei der Riester-Rente). Möglich wäre auch eine spezielle Lösung (z.B. nur Ertragsanteile besteuern). Hier besteht noch Klarstellungsbedarf durch den Gesetzgeber.
    • In jedem Fall ist der Zinseszinseffekt bis zur Rente steuerbegünstigt. Zum Vergleich: Bei einem normalen Depot würden jährlich Abgeltungsteuern auf Erträge anfallen; die Frühstart-Rente vermeidet das, was die Netto-Rendite deutlich erhöht.
    • Wichtig: Das Guthaben soll vor staatlichem Zugriff geschützt sein – d.h., der Staat selbst kann es nicht zweckentfremden oder pfänden. Unklar ist allerdings noch, wie das Guthaben im Falle von Sozialleistungen behandelt wird. Muss ein späterer Rentner mit Grundsicherung erst sein Frühstart-Depot verwerten? Oder bleibt es anrechnungsfrei? Hierzu liegen noch keine Details vor („staatlicher Zugriff“ dürfte eher Enteignung/Pfändung meinen, nicht die Anrechnung auf Sozialhilfe).

Zusammengefasst handelt es sich bei der Frühstart-Rente um ein staatlich gefüttertes Wertpapierdepot für jedes Kind, mit 12 Jahren kleiner Einzahlungen und anschließend jahrzehntelangem Wachstum bis ins Rentenalter.

Die folgende Tabelle fasst die zentralen Parameter zusammen:

MerkmalFrühstart-Rente (geplant)
Startalter KindAb 6 Jahren (automatisch ab 01.01. des Jahres nach dem 6. Geburtstag)
Staatliche Förderung10 € pro Monat pro Kind (unabhängig vom Elterneinkommen)
Dauer der ZahlungenVom 6. bis 18. Lebensjahr (12 Jahre, insgesamt 1.440 €)
BedingungBesuch einer Schule/Bildungseinrichtung in Deutschland
Depot & VerwaltungIndividuelles Depot auf Kindesnamen, privatwirtschaftlich geführt (z.B. bei Bank/Broker)
AnlageformInvestment in ETFs/Fonds (breit gestreut; keine riskanten Derivate/Krypto)
Entnahme vor RenteNicht möglich – Kapital bis Regel-Renteneintritt (ca. 67 J.) gesperrt
Nachträgliche EinzahlungenAb 18 Jahren freiwillig möglich (bis jährl. Höchstbetrag; Höhe n.n. festgelegt)
Steuern auf ErträgeKeine während Ansparphase (steuerfrei bis Rentenbeginn); Besteuerung erst bei Auszahlung (Details offen)
VererbungJa, Guthaben geht im Todesfall vor Rentenbeginn an Erben über
(n.n. = noch nicht festgelegt)

Beispielrechnung: Wie viel bringt die Frühstartrente voraussichtlich?

Ohne weitere Einzahlungen ergäbe sich bei 12 Jahren lang 10 € und anschließender langfristiger Aktienanlage folgendes Bild:

Angenommen, die 10 € monatlich werden in einen globalen ETF (z.B. MSCI World) investiert und erzielen ca. 6 % Durchschnittsrendite pro Jahr, so stehen zum 18. Geburtstag etwa 2.100 € im Depot – auf 1.440 € Einzahlungen.

Lässt man das Geld danach ohne weitere Einzahlungen bis 67 liegen, würde es auf rund 36.000 € anwachsen (vor Steuern). Dieser Betrag könnte im Rentenalter z.B. in eine zusätzliche Monatsrente von ca. 150 € umgewandelt werden – nominal.

Allerdings muss man die Inflation berücksichtigen: Bei 2–3 % Teuerung pro Jahr entspräche die Kaufkraft dieser 36.000 € in 49 Jahren nur etwa 10.000–17.000 € in heutigem Geld. Realistisch wäre die zusätzliche Rente dann eher 40–70 € pro Monat wert (statt 150 € nominal). Ohne private Nachsparbeiträge bleibt der Effekt also überschaubar – die staatlichen 10 € allein ergeben später voraussichtlich nur eine kleine Zusatzrente von grob 30 € pro Monat, rechnet auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vor.

Mit eigenem Sparen lässt sich dagegen ein wesentlich höheres Polster erreichen:

  • Würde der junge Erwachsene ab 18 jedes Monat z.B. 50 € ins Depot einzahlen, ergäbe sich bis 67 ein Endkapital von rund 180.000–200.000 € (bei 6 % Rendite). Das könnte etwa 600 € monatliche Rente vor Steuern bedeuten – und selbst unter Inflation bliebe ein deutlich spürbarer Betrag.
  • Noch drastischer wird das Bild mit höheren Sparraten: So hat die Union ausgerechnet, dass bei 50 € mtl. Sparplan ab 18 sogar ca. 200.000 € erreichbar sind, und bei 100 € mtl. Eigenbeitrag wären es rund 374.000 € Kapital (entspricht ca. 2.200 € Monatsrente über 20 Jahre).

Diese Rechnungen verdeutlichen: Der Zinseszinseffekt über 60+ Jahre ist enorm – aber die absolute Höhe des Endkapitals hängt stark davon ab, ob und wie viel der Einzelne nach dem 18. Lebensjahr weiter spart.


Anbieter und technische Umsetzung: Depotführung und Verwaltung

Ein zentrales, noch ungeklärtes Thema ist, wie die Frühstart-Depots organisatorisch verwaltet werden. Im Koalitionsvertrag steht, das Altersvorsorgedepot solle „privatwirtschaftlich organisiert“ sein. Das heißt, der Staat wird wohl nicht selbst die Gelder verwalten (also kein staatlicher Fonds), sondern auf bestehende Finanzinstitute setzen.

In Betracht kommen Banken, Direktbanken oder Broker, die solche Kinder-Depots führen. Möglich ist, dass die Eltern bzw. Jugendlichen einen Anbieter frei wählen können – etwa einen Neobroker mit kostenlosen ETF-Sparplänen. Einige Finanzportale gehen davon aus, dass das Depot bei einem Anbieter der Wahl der Eltern eröffnet wird und der Staat dann dorthin die Zahlungen überweist. So könnten z.B. bekannte Direktbanken oder Online-Broker spezielle „Frühstart-Depot“-Angebote entwickeln.

Allerdings stellt sich die Frage, wie die automatische Eröffnung ohne Antrag praktisch laufen soll, insbesondere zum Startzeitpunkt 2026. Denkbar wäre ein zentrales Verfahren, bei dem für alle derzeit 6- bis 17-Jährigen automatisch ein Depot eingerichtet wird – etwa über die KfW oder eine öffentliche Plattform, die dann wiederum Unterdepots bei privaten Anbietern hält. Alternativ könnte der Staat jedem Berechtigten einen Gutschein oder Code schicken, mit dem die Eltern bei einem gelisteten Anbieter ein Konto einrichten, auf das dann die Förderung fließt. Der Koalitionsvertrag spricht von „automatisch“ einzahlenden Beiträgen, was auf eine Lösung ohne viel Bürokratie hindeutet. Experte Lukas Menkhoff (DIW) fragt: „Soll für jedes Kind ein Depot durch den Staat eröffnet werden und zahlt dieser dann automatisch auf ein Konto oder in ein bestimmtes Produkt ein?“ – diese grundsätzlichen Umsetzungsfragen sind noch offen.

Merz’ Vision skizziert bereits einen möglichen Weg: „Jedes Kind erhält – wie früher mit dem Sparbuch – eine eigene Kontonummer. Über eine App können sie oder ihre Eltern jederzeit den Stand einsehen“, erläuterte Merz das Konzept. Das deutet auf eine digitale Plattform hin, über die die Konten verwaltet und transparent gemacht werden. Technisch könnte dies bspw. über ein zentrales Portal oder die bereits im Aufbau befindliche digitale Rentenübersicht geschehen, in die das Kinderdepot integriert wird. Sogar der Einsatz von Blockchain-Technologie zur Verwaltung der vielen Depots wird diskutiert, um Kosten zu senken und Sicherheit zu erhöhen – in Zukunft könnte eine dezentral-digitale Depotführung möglich sein. Solche Ideen sind jedoch noch Zukunftsmusik, aktuell steht zunächst die praktische Einrichtung mit bestehenden Mitteln im Vordergrund.

Wichtig für die Umsetzung wird sein, hohe Effizienz und niedrige Kosten sicherzustellen. Bei Millionen von Kinder-Depots dürfen die Verwaltungsgebühren nicht den Ertrag auffressen. Daher wird überlegt, gewisse Standards vorzuschreiben: etwa, dass nur Fonds mit geringen Gebühren verwendet werden dürfen, oder dass die Anbieter bestimmte Kostenobergrenzen einhalten müssen. Die Erfahrungen mit der Riester-Rente (teure Verträge) und sogar dem schwedischen System (wo anfangs zu viele, teils ungeeignete Fonds zugelassen waren) lehren, dass Regulierung nötig ist, um Verbraucher vor überhöhten Kosten zu schützen. Eine Option wäre, eine Liste zertifizierter Fonds oder Musterportfolios bereitzustellen, aus denen gewählt werden kann. So könnte man vermeiden, dass komplexe oder unrentable Produkte verkauft werden. Ohne zentrale Vorgaben besteht die Gefahr, dass Familien auf Finanzberater angewiesen sind und eventuell in ungeeignete, teure Produkte gelotst werden. Ebenso könnte ein komplett dezentrales System mit vielen verschiedenen Anbietern zu Skalennachteilen führen: anstatt eine schlanke, einheitliche Verwaltung aufzubauen, würden zig Unternehmen parallel IT und Service bereitstellen – was insgesamt teurer sein könnte.

Aktuell ist noch keine konkrete Bank oder Institution benannt, die die Depots verwalten wird – diese Entscheidung wird vermutlich in einem kommenden Gesetz oder per Ausschreibung fallen. Es ist denkbar, dass die großen öffentlich-rechtlichen Banken (Sparkassen, Volksbanken) Interesse zeigen, oder dass eine Kooperation mit der Deutschen Rentenversicherung bzw. Finanzagentur des Bundes gesucht wird, die schon Erfahrung mit Anlageprogrammen hat. Auch FinTech-Unternehmen könnten innovative Lösungen anbieten. Klar ist, dass zum 1. Januar 2026 die Infrastruktur stehen muss, um für einen ganzen Jahrgang von Sechsjährigen bis 18-Jährigen die Zahlungen zu leisten. Das bedeutet administrativ eine große Herausforderung – möglicherweise wird man zunächst pragmatisch einen einfachen Weg wählen (z.B. pauschal für alle Berechtigten ein Depot bei einer Bundes- oder Förderbank einzurichten, das später transferiert werden kann). Bis genauere Infos publik werden, bleibt dieser Punkt eine offene Baustelle. Experten fordern jedenfalls, die Umsetzung verbraucherfreundlich, transparent und kostengünstig zu gestalten.


Geplante Ergänzungen und soziale Ausrichtung (Zuschuss für einkommensschwache Familien)

Schon jetzt wird über Weiterentwicklungen der Frühstart-Rente nachgedacht, um sie sozial gerechter zu gestalten. Eine konkrete Ergänzung, die geplant ist: Zusätzliche Zuschüsse für Kinder aus einkommensschwachen Familien.

Ab 2027 soll es laut aktuellen Informationen einen monatlichen Bonus von 5 € für förderberechtigte Kinder geben, deren Eltern geringer Einkommen haben. Damit würden bedürftige Kinder insgesamt 15 € pro Monat erhalten (10 € Grundförderung + 5 € Zusatz). Dieser Schritt soll die Frühstartrente gezielt sozialer ausgestalten und Familien mit knappem Budget den Vermögensaufbau erleichtern. Denn gerade Haushalte mit wenig finanziellem Spielraum können oft nicht zusätzlich einzahlen – der 5-Euro-Bonus soll zumindest einen Teil dieses Nachteils ausgleichen.

Die genaue Definition von „einkommensschwach“ und das Verfahren der Bonuszahlung sind noch offen. Vermutlich wird es an bestimmte Kriterien (z.B. Bezug von Sozialleistungen wie Wohngeld, Kindergrundsicherung o.ä.) geknüpft sein. Möglicherweise erfolgt die Auszahlung automatisch via Datenabgleich mit dem Kindergeld- oder Sozialleistungsbezug, um bürokratischen Aufwand für die Familien zu vermeiden. Dieser Zuschlag wird voraussichtlich frühestens ab 2027 eingeführt, weil zunächst das Basismodell etabliert werden soll. Finanzpolitisch bedeutet das natürlich Mehrkosten – der Bonus würde die Staatsausgaben pro Jahrgang um die Hälfte erhöhen, falls alle Kinder aus armutsgefährdeten Familien ihn bekämen.

Darüber hinaus wird diskutiert, die Förderhöhe generell zu erhöhen, sobald das System läuft. Perspektivisch stehen Beträge von 15–20 € pro Monat im Raum, um einen spürbareren Effekt zu erzielen. Auch eine Verlängerung der staatlichen Zahlungen über das 18. Lebensjahr hinaus (z.B. bis 21 oder 25 Jahre) wurde von Experten vorgeschlagen, damit junge Erwachsene in Ausbildung/Studium noch unterstützt werden und mehr Kapital ansammeln können, bevor sie selbst genug verdienen. Ob solche Erweiterungen kommen, hängt von der politischen und finanziellen Lage ab – der Koalitionsvertrag enthält dazu noch keine feste Zusage.

Ein weiterer Aspekt ist die Verbindung mit Finanzbildung. Die Frühstart-Rente soll nicht isoliert dastehen, sondern flankiert werden von Maßnahmen, die die Finanzkompetenz der jungen Generation stärken. So wird diskutiert, Finanzwissen in Schulen stärker zu verankern (Stichwort Schulfach „Wirtschaft/Finanzen“), damit Kinder und Jugendliche verstehen, was mit ihrem Depot passiert und wie Sparen/Investieren funktioniert. CDU-Chef Merz betont den erzieherischen Gedanken: Man müsse jungen Menschen vermitteln, „dass Sparen sich wirklich lohnt“. Durch das eigene Konto könnten sie früh positive Erfahrungen mit Aktien machen und die Scheu davor verlieren. Denkbar ist, dass es begleitend Informationsmaterial oder Online-Kurse für Jugendliche gibt, vielleicht direkt in der Depot-App integriert. Auch Planspiele oder Schulungsangebote von Banken könnten genutzt werden. Das Deutsche Aktieninstitut befürwortet diese Richtung und sieht die Frühstart-Rente als „originellen Schritt“, um die Ertragsstärke von Aktien zu nutzen und junge Leute zu finanzieller Bildung anzustoßen.

Schließlich ist eine weitere soziale Frage: Wer trägt die Kosten? Die staatlichen Beiträge (ca. 1 Mrd. € pro Jahr für alle Jahrgänge zusammen) werden aus dem Bundeshaushalt (Steuermitteln) finanziert. Die Regierung argumentiert aber, dies sei „allemal günstiger als immer höhere Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung“. Die Idee dahinter: Jeder Euro, der jetzt investiert wird, könnte künftige Rentenlast mindern. Dennoch – es ist ein zusätzliches Ausgabenprogramm im Milliardenbereich. Kritiker wie der RWI-Chef Christoph Schmidt meinen, angesichts knapper Kassen und vielen Baustellen (Sozialsysteme, Infrastruktur, Klimawandel) setze der Staat hier fragwürdig Prioritäten. Auch diese Diskussion um Finanzierbarkeit und Prioritäten wird die Ausgestaltung der Frühstart-Rente begleiten.


Chancen der Kinderrente

Die Kinderrrente bietet verschiedene Chancen, insbesondere im Hinblick auf den langfristigen Vermögensaufbau und die Stärkung der privaten Altersvorsorge:

Früh übt sich: Längstmöglicher Anlagehorizont nutzen

Die Frühstart-Rente adressiert ein Kernproblem der Altersvorsorge – Zeit. Indem bereits Kinder ab 6 Jahren für die Rente sparen, wird der längstmögliche Anlagehorizont genutzt. Über 60+ Jahre kann selbst aus kleinen Beträgen ein nennenswertes Vermögen werden, vor allem durch den Zinseszinseffekt. Damit setzt das Modell früh Anreize für langfristiges Denken: Kinder lernen, dass kontinuierliches Sparen über Jahrzehnte wirkt.

Die Hemmschwelle, sich mit Finanzen zu beschäftigen, sinkt, wenn schon junge Menschen ein eigenes kleines Depot haben. Experten begrüßen die Idee grundsätzlich: „Die Idee, dass Kinder früh in Kontakt mit Aktien kommen und so die Scheu verlieren, ist richtig.“ (Lukas Menkhoff, DIW). Dies könnte zu einem Kulturwandel beitragen – in Deutschland scheuen viele private Anleger bislang Aktien, anders als etwa in Schweden. Ein breiter Streubesitz schon in der Jugend könnte langfristig die Aktienkultur stärken und dazu führen, dass mehr Menschen privat fürs Alter vorsorgen.

Chancengleichheit und Vermögensbildung

Ein großer Pluspunkt ist der automatische und einkommensunabhängige Zugang zur Kapitalanlage für alle Kinder. Bisher hängt es stark vom Elternhaus ab, ob für Kinder investiert wird – vermögende Eltern legen oft früh etwas an (Junior-Depots, Fonds etc.), während ärmere Familien selten solche Möglichkeiten haben.

Die Frühstart-Rente gibt jedem Kind, unabhängig vom Elternhaus, zumindest ein Startkapital und einen Berührungspunkt mit dem Kapitalmarkt. Das fördert Chancengleichheit: Auch ein Kind aus einer finanziell schwachen Familie hat mit 18 einen Grundstock, den es sonst evtl. nicht hätte. Einkommensschwache Gruppen erhalten somit Zugang zur privaten Altersvorsorge, die ihnen bislang oft verschlossen blieb. Natürlich bleibt die Summe allein gering, aber es ist ein Signal, dass Altersvorsorge alle angeht. Mit dem geplanten 5-€-Bonus ab 2027 wird dieser Aspekt noch verstärkt, indem ärmere Kinder zusätzlich profitieren.

Renditechancen des Kapitalmarkts

Durch die Anlage in Aktien bzw. Fonds nutzt die Frühstart-Rente die höheren Renditen des Kapitalmarkts im Vergleich zu traditionellen Sparprodukten. Langfristig erzielten global diversifizierte Aktienanlagen in der Vergangenheit deutlich über der Inflationsrate liegende Erträge (z.B. ~6–7 % p.a. real im schwedischen AP7-Fonds). Selbst wenn zukünftige Renditen niedriger ausfallen, bieten Aktien bessere Aussichten als das Sparbuch oder festverzinsliche Anlagen, die oft kaum Realzins abwerfen.

Die Frühstart-Rente ermöglicht Millionen von Kindern, von diesen Ertragschancen zu profitieren – ein Vorteil, den sonst nur diejenigen hätten, deren Eltern von sich aus Geld anlegen. So können langfristig größere Vermögenswerte entstehen: z.B. die genannten 36.000 € oder mehr, die ein wichtiger Baustein im Alter sein können. Darüber hinaus diversifiziert die Gesellschaft ihre Altersvorsorge: Neben der gesetzlichen Rente (Umlage) und evtl. Betriebsrenten gibt es eine dritte Säule für alle. Das macht das Gesamtsystem robuster und entlastet perspektivisch den Staat, wenn mehr Bürger eigene Rücklagen haben.

Entlastung der Rentenkasse und Staatsfinanzen

Langfristig erhofft man sich, dass durch die Frühstart-Rente die Abhängigkeit von der gesetzlichen Rente sinkt. Wenn ein heute junges Kind dank Frühstart-Rente und eigenem Sparen im Alter z.B. 50 € zusätzliche Monatsrente hat, müsste der Staat diese 50 € im Falle einer Rentenlücke nicht aus Grundsicherung oder Zuschüssen finanzieren. In Summe über Millionen zukünftige Rentner könnte das die Rentenversicherung entlasten.

Merz argumentiert, die Kosten von ~1 Mrd. € pro Jahr für die Frühstart-Rente seien günstiger als ständig steigende Zuschüsse zur gesetzlichen Rente. Zwar tritt dieser Entlastungseffekt erst in Jahrzehnten ein, aber die Idee eines vorsorgenden Sozialstaats ist, durch heutige Investition zukünftige Last zu mindern. Außerdem stärkt die Maßnahme den Kapitalmarkt in Deutschland: Fließen jährlich 1 Mrd. € in Aktienfonds, erhöht das die inländische Aktienquote und womöglich auch die Finanzierungsmöglichkeiten für die Wirtschaft (ähnlich wie es das vorgeschlagene Kinderstartgeld auch als wirtschaftspolitischen Effekt sah). Insgesamt bewerten viele Fachleute die Frühstart-Rente als „vielversprechende Basis“, um eine nachhaltige kapitalgedeckte Vorsorge in der dritten Säule aufzubauen – allerdings nur, wenn sie richtig ausgestaltet wird.


Risiken und Nachteile

Trotz ihrer Chancen ist die Frühstart-Rente mit einer Reihe von Risiken und Unsicherheiten behaftet, die beachtet werden müssen:

Geringe Beiträge – begrenzte Wirkung

Die wohl größte Schwäche liegt in der niedrigen Förderhöhe von nur 10 € monatlich. Ohne nennenswerte zusätzliche Einzahlungen entsteht daraus bis zur Rente kaum ein existenzsicherndes Vermögen. Selbst bei guten Renditen ergeben die staatlichen 1.440 € nach Jahrzehnten lediglich einige zehntausend Euro Kapital – das schließt keine Rentenlücke.

RWI-Präsident Christoph Schmidt warnt, dass die Frühstart-Rente eine „trügerische Sicherheit“ vorgaukelt und vom eigentlichen Reformbedarf ablenken könnte. Wer die staatlichen Einzahlungen sieht, könnte fälschlich glauben, damit sei genug vorgesorgt und weitere eigene Sparanstrengungen seien nicht nötig. Dieses Komplacency-Risiko könnte dazu führen, dass manche gar weniger privat sparen, als sie es ohne Frühstart-Rente täten – weil ja „der Staat was macht“.

Außerdem wächst das Guthaben langsam: Besonders in den ersten Jahren summieren sich 10 € Beiträge pro Monat nur zu kleinen Beträgen, die an der Börse keinen großen Hebel ansetzen. Der Lerneffekt des Sparens – nämlich Konsumverzicht gegen Zukunftsvorsorge – bleibt ebenfalls aus, da das Geld geschenkt wird. Schmidt kritisiert, dass Kinder nichts von ihrem eigenen Geld opfern müssen und so der pädagogische Effekt des Sparens („heute verzichten, um morgen mehr zu haben“) verloren geht. Kurzum: Ohne zusätzliches Eigenengagement ist die Frühstart-Rente eher symbolisch und bringt im Alter vielleicht 30 € Monatsrente – „sonst aber niemandem wirklich weiter“, so DGB-Vorstand Anja Piel.

Kapitalmarktrisiken

Die Frühstart-Rente setzt bewusst auf Aktien und damit auf Marktchancen – aber auch Risiken. Aktienmärkte unterliegen Schwankungen; es sind auch längere Phasen mit geringen Renditen oder Einbrüche möglich. Zwar mildert der lange Anlagehorizont das Risiko (Zeit für Erholungen) und die breite Diversifikation streut es, dennoch bleibt ein Anlagerisiko.

Gerade wenn ein Sparer ungünstig investiert (z.B. in wenige volatile Aktien) oder kurz vor Renteneintritt ein Börsencrash kommt, kann das Endvermögen wesentlich geringer ausfallen als projektiert. Garantien sind im Modell nicht vorgesehen – bewusst, denn Garantien würden die Renditechance schmälern. Doch ohne Garantien besteht das Risiko, dass im schlechtesten Fall das angesparte Kapital deutlich an Wert verliert.

Auch Inflation ist ein Risiko: Über Jahrzehnte zehrt sie an der Kaufkraft, wie oben gezeigt – aus nominal 36.000 € könnten real nur 10.000 € werden. Damit sinkt der Nutzen fürs Alter drastisch, wenn nicht ausreichend Rendite erwirtschaftet wird. Hohe Renditen sind also nötig, um überhaupt deutlich oberhalb der Inflationsrate zu liegen. Gelingt das nicht, läuft das Ganze „ins Leere“ und liefert kaum realen Mehrwert. Auch Professor Martin Werding (Wirtschaftsweiser) betont, dass zwar Beiträge umgeschichtet werden müssen, aber das Rentensystem weiterlaufen müsse – die Aktienrente (inkl. Frühstart) sei kein Allheilmittel, vor allem wenn wir hinter internationalen Standards zurückbleiben.

Soziale Ungleichheit

Paradoxerweise könnten vermögende Familien mehr profitieren als ärmere. Zwar bekommt jeder denselben Staatzuschuss, aber reiche Eltern können es sich eher leisten, nach dem 18. Lebensjahr viel einzuzahlen, während arme dies nicht können. Das heißt, die einen füllen ihr gefördertes Depot kräftig (bekommen dann Jahrzehnte Steuervorteile auf die Erträge) und erzielen am Ende ein großes Polster; die anderen belassen es mangels Geld bei den 1.440 € und haben im Alter nur die Mini-Rente daraus.

Die Schere könnte sich dadurch eher öffnen – gut situierte Haushalte bauen erhebliche Privatvermögen auf (mit Staatsbonus), Geringverdiener jedoch nicht. Zwar soll der 5 € Bonus abhelfen, doch 15 € vs. 10 € im Monat macht auf 12 Jahre nur 600 € Unterschied. Wirklich kompensieren kann das die fehlenden Eigenbeiträge nicht. Insofern bleibt ein strukturelles Ungleichgewicht, das freiwillige Einzahlungen eher vergrößern. Pikanterweise fördert der Staat so auch Kinder wohlhabender Eltern mit, die ohnehin privat vorsorgen könnten. Manche fragen, ob dieses Geld nicht sozial zielgenauer eingesetzt werden sollte – etwa direkt in Bekämpfung von Kinderarmut oder Bildungsangebote.

Keine Flexibilität & Verfügbarkeit

Das strikte Sparziel Altersvorsorge bedeutet, dass das Geld für nichts Anderes genutzt werden kann. Das ist einerseits Absicht (damit es wirklich für die Rente bleibt), andererseits ein Nachteil, weil es keinerlei Optionswert hat. Bei Notfällen kann weder die Familie noch später der Jugendliche darauf zurückgreifen – selbst wenn z.B. mit 20 ein finanzieller Engpass oder eine wichtige Investition (Umzug, Existenzgründung) anstünde, bleibt das Frühstart-Geld gesperrt. Kritiker bemängeln, dass das Modell „in jungen Jahren nichts praktisch abfedern kann“.

Andere geförderte Vorsorgeprodukte (wie Riester) erlauben z.B. Entnahmen für den Kauf von selbstgenutztem Wohneigentum; hier ist nichts dergleichen vorgesehen. Auch Bildungskosten (Studium) können damit nicht bestritten werden – obwohl eine gute Ausbildung vielleicht die beste Altersvorsorge wäre. Diese Inflexibilität wird damit begründet, das Ziel konsequent auf Altersvorsorge zu richten; trotzdem ist es für den Einzelnen ein Nachteil, dass er ggf. über Jahrzehnte an sein Geld nicht herankommt. Es gibt auch keine Ausweichmöglichkeit: selbst wer mit 30 etwa dauerhaft auswanderte und vielleicht gar nicht in Deutschland Rente bezieht, käme erst im fernen Alter dran.

Bürokratie und Durchführung

Bürokratie und Durchführung: Einige Punkte der Umsetzung könnten komplex und teuer werden. Die Kontrolle, ob ein Kind wirklich eine Bildungseinrichtung besucht, erfordert Verwaltung – z. B. Abgleich mit Schulregistern oder eine Meldebescheinigung durch die Schule. Das ist administrativer Aufwand für Behörden und ggf. Schulen. Ebenso die Abwicklung der Zahlungen: Wenn wirklich jedes schulpflichtige Kind monatlich Geld bekommt, muss ein Massenzahlungssystem etabliert werden, das zuverlässig arbeitet. Die Eröffnung und Führung von Millionen Depots, das Versenden von Zugängen, das klären von Rückfragen – all das verursacht Kosten. Ohne eine schlanke digitale Lösung könnten Verwaltungskosten einen erheblichen Teil ausmachen. Christoph Schmidt befürchtet hohe Kosten durch ein nötiges Kontrollsystem und spricht von möglichem „bürokratischem Kontrollaufwand“. Auch ein dezentrales Anbietermodell könnte ineffizient sein, wenn zig Anbieter jeweils eigene Systeme fahren (weniger Synergien). Hier ist die Ausgestaltung entscheidend: Mit einer zentralen Plattform ließen sich Kosten eher gering halten; überlässt man alles dem Markt, drohen unnötig parallele Strukturen.

Regulatorische und rechtliche Fragen: Viele offene Fragen bergen Risiken, solange sie ungeklärt sind. Zum Beispiel: Was passiert bei Wegzug ins Ausland? Bekommt ein Kind die Förderung weiter, wenn es z. B. in einem anderen EU-Land zur Schule geht? Oder verfallen die Ansprüche? – Wie wird die Auszahlung erfolgen? Als einmalige Kapitalauszahlung mit 67, als Pflicht-Rente (Annuität) oder flexibel? Das Gesetz muss definieren, ob man sich das angesparte Geld auf einmal auszahlen lassen kann oder z. B. in monatlichen Raten (ähnlich Auszahlplan). Auch die Steuerregeln bei Auszahlung (Kapitalertragsteuer vs. Einkommenssteuer) können den Netto-Ertrag beeinflussen, sind aber noch unklar. – Wie wird der jährliche Höchstbetrag für eigene Einzahlungen festgelegt? Ist er fix (z. B. 2.000 € im Jahr) oder dynamisch mit dem Einkommen? Eine zu niedrige Grenze könnte ambitionierte Sparer ausbremsen; eine zu hohe würde Reiche stark begünstigen (Stichwort Mitnahmeeffekt). – Wie werden die Produkte zertifiziert? Ohne Qualitätskontrolle könnten schlechte Finanzprodukte angeboten werden, wie einst bei Riester. – Was geschieht mit bestehenden Kinderdepots? Falls Eltern schon ein Junior-Depot haben, kann das in die Frühstart-Förderung einbezogen werden oder muss ein neues eröffnet werden? – Wie wird mit den Geldern nach 18 verfahren, wenn jemand nicht weiter einzahlt? Bleibt das Depot bestehen bis 67 (höchstwahrscheinlich ja) und wer betreut es in der Zeit? – Diese und weitere Detailfragen müssen geklärt werden. Solange das nicht geschehen ist, bestehen Unsicherheiten, wie das Programm in der Praxis aussehen wird, was auch die Erfolgsaussichten beeinflusst.

Zusammengefasst lautet die Kritik vieler Experten: Zu wenig Wirkung fürs Geld. Die Frühstart-Rente allein wird keine Rentenrevolution bringen. Gewerkschafterin Anja Piel rechnet vor, dass selbst 60 Jahre lang 10 €/Monat am Ende nur ~30 € Monatsrente bringen – „bescheiden“ für den Einzelnen, aber für den Staat mit ~1 Mrd. € jährlich sehr teuer. Diese Mittel, so argumentieren Kritiker, wären anders besser investiert, z. B. in Bildung oder eine echte Rentenreform. Auch die Fokussierung auf Aktien sehen manche als ideologisch motiviert: Statt die gesetzliche Rente nachhaltig zu stärken, verlagere man Verantwortung an die Individuen und den Kapitalmarkt – ein Ansatz, der je nach Börsenlage Gewinner und Verlierer schafft. „Weder ein wirksamer Baustein zur Stabilisierung der GRV, noch nachhaltig für Finanzbildung“ – so harsch beurteilt RWI-Chef Schmidt die Frühstart-Rente. Er moniert, das Geld wäre im Bildungssystem sinnvoller angelegt (um echte Chancengerechtigkeit zu schaffen). Auch der Nachwuchs der Koalition (z. B. Jusos oder JU) äußerte teils Skepsis: Während die einen mehr Umverteilung statt Aktiensparen fordern, hätten sich andere noch mutigere Schritte gewünscht (wie einen Bürgerfonds für alle, nicht nur 10 € für Kinder). Insgesamt herrscht Einigkeit, dass Nachbesserungen nötig sind, damit die Frühstart-Rente ihr Potenzial entfalten kann – sei es durch höhere Beiträge, bessere finanzielle Bildung oder technische Optimierung.

Internationale Vorbilder: Modelle in Schweden, Großbritannien u.a. im Vergleich

Die Idee, frühzeitig kapitalgedeckte Vorsorge zu betreiben, ist nicht neu. Ein Blick ins Ausland zeigt verschiedene Modelle, von denen einige als Inspiration für die Frühstart-Rente dienten:

  • Schweden (Premium-Pensionsmodell): Schweden gilt oft als Vorbild für die Integration von Aktien in die Altersvorsorge. Seit 1998 wird dort ein Teil der Rentenbeiträge (2,5 Prozent des Einkommens) in ein persönliches Fondskonto eingezahlt (die sog. Prämienrente). Jeder Erwerbstätige Schwede hat also von Berufsstart an einen fondsbasierten Rentenanteil. Die Verwaltung erfolgt über eine staatliche Plattform (Pensionsmyndigheten), auf der man aus rund 450 Fonds wählen kann. Wer nicht wählt, landet automatisch im staatlichen Standardfonds AP7 Såfa – ein globaler Aktienfonds mit Lebenszyklus-Komponente. Dieses System hat dazu geführt, dass praktisch jeder Schwede zum Aktionär geworden ist. Die Akzeptanz für Aktien ist hoch, auch weil der Staat das seit Jahrzehnten gefördert hat (bereits in den 1970ern gab es steuerbegünstigte Anlageprogramme). Die Ergebnisse sind beeindruckend: Der AP7-Fonds erzielte im Schnitt ca. 6,7 % reale Rendite pro Jahr, und im Prämienrentensystem haben sich insgesamt über 222 Mrd. € angesammelt. Pro Kopf entspricht das ein fünfstelliges Euro-Vermögen allein aus dieser Säule. Zusätzlich haben ~90 % der Beschäftigten in Schweden eine betriebliche Altersvorsorge, meist ebenfalls fondsgebunden. Die staatliche Basisrente in Schweden ist relativ niedrig (Garantie- bzw. Grundrente), sodass private und betriebliche Töpfe wichtige Rollen spielen. Vergleich zur Frühstart-Rente: Die deutsche Frühstart-Rente ist weit kleiner dimensioniert – 10 € statt 2,5 % des Einkommens (was für Durchschnittsverdiener ~70 € pro Monat wären). Zudem stammt das Geld in Schweden aus Arbeitnehmerbeiträgen, während in Deutschland Steuermittel verwendet werden. Dennoch ist der Grundgedanke ähnlich: ein obligatorischer Aktienfondsanteil für jeden, der im Hintergrund wächst. Im Gegensatz zur schwedischen Lösung fängt Deutschlands Frühstart-Rente sogar schon vor dem Berufsleben an (im Kindesalter), was die Laufzeit noch verlängert – allerdings mit Mini-Beträgen. Ein weiterer Unterschied: In Schweden kann man ab Rentenalter frei über das Fondsguthaben verfügen (es wird meist verrentet, aber flexibel). Bei der Frühstart-Rente ist noch offen, ob es als Einmalbetrag oder Rente ausgezahlt wird. Insgesamt zeigt das Beispiel Schweden aber, dass Kapitaldeckung im großen Stil machbar ist und auf breite Akzeptanz stoßen kann, wenn es richtig aufgesetzt ist. Die Frühstart-Rente ist gewissermaßen ein vorsichtiger erster Schritt in diese Richtung, bleibt aber „äußerst bescheiden“ im Vergleich, wie auch das Deutsche Aktieninstitut kritisiert.
  • Großbritannien (Child Trust Fund & Auto-Enrolment): In Großbritannien gab es von 2005 bis 2011 ein Programm namens Child Trust Fund (CTF), das gewisse Parallelen zur Frühstart-Rente aufweist. Jeder im UK geborene Neugeborene erhielt einen Startbetrag vom Staat (meist 250 £, bei Geringverdienern 500 £) in ein spezielles Kinderspar-Konto Mit 7 Jahren gab es eine weitere staatliche Gutschrift gleicher Höhe. Eltern konnten zusätzlich freiwillig einzahlen (bis ca. 1.200 £ pro Jahr steuerbegünstigt). Das Geld war bis zum 18. Geburtstag gesperrt und wurde dann frei verfügbar – gedacht war es z. B. für Ausbildung, Wohneinstieg oder weiteres Sparen. Dieses Programm wurde 2011 aus Kostengründen eingestellt, aber es hinterließ Millionen junger Briten mit ein paar hundert Pfund Startkapital. Die Idee dahinter war, Vermögensbildung von Geburt an zu unterstützen. Nach Abschaffung des CTF hat UK stattdessen Junior Individual Savings Accounts (Junior ISA) eingeführt: steuerfreie Sparkonten für Kinder, in die Eltern/Verwandte einzahlen können (bis ~9.000 £ jährlich), allerdings ohne Staatszuschuss. Der Junior ISA dient eher allgemeinem Sparen für Kinder (bis 18 gesperrt), nicht spezifisch der Rente. – Für die Altersvorsorge hat UK einen anderen großen Hebel umgesetzt: das Auto-Enrolment seit 2012. Hier werden alle Arbeitnehmer ab 22 Jahren automatisch in eine betriebliche Pension eingeschrieben (mit Opt-out-Möglichkeit). Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen Beiträge in Fonds ein, die oft von NEST (National Employment Savings Trust) oder anderen Anbietern verwaltet werden. Dieses System hat die Teilnahme an Betriebsrenten massiv gesteigert (von ~50 % auf über 85 % der Beschäftigten). Zwar greift es erst mit dem Jobeintritt, nicht in der Kindheit – aber es zeigt einen erfolgreichen Ansatz, breite Kapitaldeckung einzuführen. Vergleich zur Frühstart-Rente: Der britische Child Trust Fund war vom Konzept her näher am Kinderstartgeld der Wirtschaftsweisen – eine einmalige Starthilfe, nicht monatlich, und zugänglich mit 18 (nicht erst zur Rente). Deutschlands Frühstart-Rente strebt ein noch längeres Bunkern bis 67 an, um es wirklich zur Altersvorsorge zu machen. Der britische Ansatz zielte eher auf Chancengleichheit zum Erwachsenstart ab (Kapital für Ausbildung/Beruf). Die Frühstart-Rente könnte allerdings dazu führen, dass mit 18 zwar kein Zugriff möglich ist, aber Briten hatten mit 18 dann Geld zur Verfügung – was nicht jeder unbedingt für die Rente nutzte. In UK wurde das Programm aus Kostengründen beendet; es bleibt abzuwarten, ob die deutsche Politik die Frühstart-Rente auf Dauer finanziert. Das britische Auto-Enrolment wiederum zeigt, wie wichtig automatische Mechanismen sind – ähnlich soll ja in Deutschland automatisch für jedes Kind eingezahlt werden. Der Unterschied: UKs Fokus ist auf Erwerbstätige (also dort ansetzen, wo Einkommen fließt), Deutschland setzt bei Kindern an (wo noch kein eigenes Einkommen da ist).
  • Weitere internationale Beispiele: In den USA gibt es keine bundeseinheitliche „Kinder-Rente“, aber populär sind 529-College-Sparpläne, bei denen Eltern für Bildung sparen und je nach Bundesstaat staatliche Zuschüsse oder Steuervergünstigungen erhalten. Diese 529-Pläne sind zweckgebunden für Studienkosten, ähnlich wie es die Frühstart-Rente zweckgebunden für die Rente ist. Interessant ist hier: Einige US-Bundesstaaten eröffnen automatisch Accounts für Neugeborene mit einem Startguthaben (z. B. Maine: $500 für jedes Neugeborene). Das erinnert an das deutsche Konzept, nur dass das Geld für College mit 18 genutzt werden darf. – In Kanada gibt es den CESG (Canada Education Savings Grant), wo der Staat Einzahlungen der Eltern in einen Bildungsfonds für Kinder mit 20 % Matching bis zu einem Maximum fördert. Auch Kanada bietet geringe Startbeträge für Kinder aus unteren Einkommensgruppen (Canada Learning Bond). Solche Modelle kombinieren staatliche Zuschüsse mit elterlichen Sparleistungen. – Einige Länder, z. B. Singapur, setzen auf Zwangssparen: dort zahlen Arbeitnehmer einen Teil ihres Gehalts in den Central Provident Fund ein, der sowohl für Wohnen, Gesundheit als auch Rente verwendet werden kann. Zwar nicht für Kinder direkt, aber es zeigt alternative Wege der kapitalgedeckten Vorsorge.

In Summe orientiert sich die Frühstart-Rente an der internationalen Erkenntnis, dass frühes und automatisches Sparen sowie Kapitalmarktorientierung notwendig sind, um der demografischen Entwicklung zu begegnen. Schweden zeigt, dass mit staatlichem nudging und Standards große Summen für die Rente aufgebaut werden können. Großbritannien demonstriert, wie automatische Beteiligung (bei Arbeitnehmern) die Vorsorgequote erhöht – sowie dass direkte Kinderförderung politisch nicht leicht dauerhaft finanzierbar ist. Gegenüber diesen Beispielen ist Deutschlands Frühstart-Rente deutlich kleiner dimensioniert und strenger auf Altersvorsorge fixiert (kein Zugriff mit 18, wie es UK erlaubte). Sie kann aber als Pilotprojekt gesehen werden: Sollte sie erfolgreich sein, könnten die Beiträge erhöht oder das Modell ausgeweitet werden, um näher an internationale Vorbilder heranzukommen. Umgekehrt dient sie als Test, ob die Deutschen bereit sind, einen „Börseneinstieg ab Schulalter“ anzunehmen – hier werden Akzeptanz und Kommunikation eine Rolle spielen.

Kritikpunkte und offene Fragen

Zahlreiche Fachleute, Verbände und Medien haben die Frühstart-Rente seit Bekanntwerden der Pläne analysiert und teils kritisch kommentiert. Im Folgenden die wichtigsten Kritikpunkte und offenen Fragen:

1. Höhe der Förderung und Wirkung: Fast einhellig wird der Betrag von 10 € als zu niedrig kritisiert. Die Wirtschaftsweisen hatten schon beim Kinderstartgeld vorgeschlagen, die 10 € jährlich an die Inflation anzupassen, was im Koalitionsvertrag aber nicht vorgesehen ist. Auch forderten viele Experten eine deutlich höhere Förderung, damit es im Alter spürbar wird. Henriette Peucker vom Deutschen Aktieninstitut etwa sagt, die Regierung dürfe „nicht hier stehen bleiben“. Ohne Aufstockung sei das Modell nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gleichzeitig besteht politisch die Frage der Finanzierung: Schon 1 Mrd. € pro Jahr ist viel Geld im Haushalt; eine Erhöhung auf z. B. 20 €/Monat würde das gleich verdoppeln. Offen ist auch, ob die 10 € pro Monat künftig konstant bleiben oder ggf. durch Verordnung angepasst werden können. Hier wird sicherlich der Erfolg des Modells beobachtet und später entschieden, ob eine Erhöhung vertretbar ist.

2. Teilnahmevoraussetzung Bildung: Die Kopplung an den Besuch einer Bildungseinrichtung wird als unnötige Hürde gesehen. Menkhoff (DIW) meint, es könnten gerade die Jugendlichen durchs Raster fallen, die einen ungeraden Lebenslauf haben (Schulabbruch, FSJ etc.) und die eigentlich das Geld im Alter nötig hätten. Außerdem erfordert sie, wie erwähnt, bürokratischen Aufwand. Viele plädieren dafür, alle Kinder unabhängig von Schulbesuch einzubeziehen – schließlich gibt es Schulpflicht in Deutschland, und die ganz wenigen Nicht-Beschulten (z. B. wegen Krankheit) sollten nicht bestraft werden. Auch das Kinderstartgeld-Konzept der Wirtschaftsweisen hätte alle Kinder gefördert, ohne Bedingungen. Ob die Regierung hier noch justiert, bleibt offen. Die Intention war wohl, keine Anreize für Zuzug ins Sozialsystem zu geben und sicherzustellen, dass das Geld wirklich bei den Kindern ankommt, die ins System einzahlen werden. Aber dieser Punkt wird in der öffentlichen Debatte kritisch gesehen.

3. Anlagesteuerung und Produktqualität: Unklar ist bislang, wer das Geld anlegt und wie die Produktpalette aussieht. Wird es z. B. einen staatlich vorgegebenen Basisfonds geben (wie AP7 in Schweden)? Oder gar einen neuen Bürgerfonds, den die Ampel ursprünglich angedacht hatte, jetzt aber privat organisiert? Wenn die Eltern bzw. Jugendlichen Fonds auswählen müssen, stellt sich die Frage, ob alle die Kompetenz dazu haben – Finanzberatung wäre nötig, birgt aber die Gefahr von Interessenkonflikten. Verbraucherschützer fordern daher klare Vorgaben: niedrige Kosten, breite Diversifikation, Zertifizierung der Angebote. Ohne solche Leitplanken könnten – so die Befürchtung – Finanzvertriebe die Unwissenheit mancher ausnutzen und überteuerte Produkte verkaufen. In der Anfangsphase der schwedischen Prämienrente gab es z. B. Fälle von unseriösen Fondsanbietern, was erst Jahre später bereinigt wurde. Dieser Fehler sollte hier vermieden werden. Die Regierung hat hierzu noch nichts Konkretes verlautbart. Es steht lediglich „privatwirtschaftlich organisiert“ im Koalitionspapier – das kann vom freien Wildwuchs bis zum streng regulierten Marktplatz viel bedeuten. Offen ist auch, ob evtl. eine Clearingstelle oder Plattform eingerichtet wird, auf der man die Fonds vergleichen und das Depot managen kann. Wünschenswert wäre eine einfache Standardlösung, die ohne viel Aufwand ordentliche Rendite bringt, sodass niemand gezwungen ist, Finanzexperte zu sein, um teilzuhaben.

4. Steuerliche Behandlung der Auszahlung: Wie oben erwähnt, ist die Besteuerung im Rentenalter noch ein Fragezeichen. Falls die Auszahlung wie eine gesetzliche Rente behandelt wird, würde sie voll der Einkommensteuer unterliegen (Progressionseffekt!). Das könnte unattraktiv sein für Mittelverdiener, die dann ihre private Vorsorge erneut besteuern lassen müssten. Alternativ wäre denkbar, die Auszahlung ähnlich einer Kapitalversicherung zu besteuern (nur Ertragsanteil) oder nachgelagert aber mit Freibeträgen. Die Koalition hat hier Spielraum, aber die Unsicherheit bleibt vorerst. Für die persönliche Planung ist das nicht optimal. Finanzexperten drängen auf Klarheit, damit man weiß, worauf man sich einlässt.

5. Verzahnung mit bestehendem System: Ein Kritikpunkt ist, dass die Frühstart-Rente parallel zur Riester-Reform läuft, aber nicht integriert scheint. Die Ampel hatte einen neuen Bürgerfonds oder ein Altersvorsorge-Depot in Aussicht gestellt, um Riester zu ersetzen. Schwarz-Rot will Riester nun ebenfalls reformieren (weniger Bürokratie, keine Garantien, geringere Kosten. Es bleibt unklar, ob die Frühstart-Rente Teil dieses neuen Produkts wird oder ein völlig eigenständiges Instrument daneben. Sinnvoll wäre sicherlich eine einheitliche Plattform: z. B. ein Altersvorsorge-Depot, das ab Geburt genutzt werden kann – zunächst mit staatlichen Kinderzuschüssen (Frühstart-Rente) und später mit eigenen Einzahlungen (vergleichbar Riester 2.0). Doch derzeit werden Frühstart und Riester-Reform getrennt diskutiert. Hier besteht die Gefahr doppelter Strukturen. Zudem stellt sich die Frage: Was passiert mit dem Depot mit 18? Wird es nahtlos zum „normalen“ Altersvorsorgeprodukt (wo man dann z. B. auch Förderungen wie die Riester-Zulage erhalten könnte, falls die Person förderberechtigt ist)? Oder bleibt es separat? Solche Übergänge müssen geregelt werden, damit die jungen Leute nicht verwirrt werden von mehreren parallelen Konten.

6. Kosten/Nutzen für den Staat: Ökonomen debattieren, ob die Frühstart-Rente gesamthaft wirtschaftlich sinnvoll ist. Die langfristige Entlastung der Rentenkasse ist zwar erhofft, aber keineswegs sicher – sie hängt vom Sparverhalten und den erzielten Renditen ab. Sollte z. B. ein Großteil der Geförderten später doch in Grundsicherung fallen, hätte der Staat 60 Jahre Beiträge gezahlt, nur um dann doch Grundsicherung plus ausgezahltes Depot zu finanzieren. Der Hebel der Maßnahme ist unklar. 1 Mrd. € pro Jahr investiert in frühkindliche Bildung oder Armutsprävention könnte evtl. größere Wirkung auf spätere Renten haben (so argumentieren Kritiker). Oppositionelle Stimmen wie die Linke oder AfD bezeichnen das Modell als Nebelkerze: statt das Rentenniveau anzuheben oder in die gesetzliche Rente zu investieren, verteile man homöopathische Beträge, die allein nicht reichen. Die Koalition hält dagegen, dass jeder Schritt in Richtung Kapitaldeckung und Eigenvorsorge wertvoll sei und man endlich beginne, statt nur zu diskutieren. Das Kostenargument bleibt aber präsent – gerade in Zeiten knapper Kassen muss sich die Ausgabe rechtfertigen lassen. Sollten Zinsen steigen, könnte der Staat auch argumentieren, mit 1 Mrd. € Schuldentilgung pro Jahr spart man sich zukünftige Zinslast, während die gleiche Summe in der Frühstart-Rente erst in 60 Jahren Erträge bringt.

7. Politisches Risiko und Beständigkeit: Die Frühstart-Rente muss dauerhaft durchgehalten werden, damit sie ihre Wirkung entfalten kann. Ein heute geborenes Kind hätte ab 2031 Anspruch – das ist weit jenseits der aktuellen Legislaturperiode. Es besteht das Risiko, dass künftige Regierungen das Programm ändern oder einstellen (ähnlich wie UK den Child Trust Fund einstellte). Zwar wäre das politisch nicht leicht, da man Kinder kaum etwas wieder wegnehmen will, aber denkbar ist z. B. eine Aussetzung der Dynamisierung oder ein Stopp für Neugeborene aus Kostengründen. Familien könnten also nicht 100% sicher sein, dass in 5–10 Jahren noch 10 € fließen. Diese Ungewissheit ist allerdings bei allen langfristigen Vorsorgethemen gegeben (auch Gesetze zur Rente können sich ändern). Dennoch: Die Verlässlichkeit staatlicher Zusagen über so lange Zeit wird eine Rolle spielen. Manche Skeptiker nennen das Programm polemisch „Wahlgeschenk“, das nach den Wahlen wieder verschwinden könnte – dem widerspricht, dass es ja im Koalitionsvertrag verankert ist und kein einmaliger Bonus, aber die Kritik schwingt mit, dass „auf halbem Weg kaputtreformiert“ werden könnte, was man in der Vergangenheit bei Riester etc. erlebt hat.

Zusammengefasst spiegeln die Kritikpunkte vor allem die Sorge, dass die Frühstart-Rente gut gemeint, aber nicht ausreichend durchdacht ist und in der aktuellen Form wenig effektiven Nutzen bringt. Viele Details müssen noch geregelt werden, damit das Modell gerecht, effizient und wirksam wird. Die Regierung wird diese Fragen in den kommenden Monaten beantworten müssen, um Skeptiker zu überzeugen und Kinder sowie Eltern für das Projekt zu gewinnen.

Strategien für Eltern und Jugendliche zur optimalen Nutzung

Wie können Familien und junge Leute das Beste aus der Frühstart-Rente herausholen? Hier einige Handlungsempfehlungen, um das neue Instrument effektiv einzusetzen:

Für Eltern von jüngeren Kindern (unter 6 Jahren): Da die Frühstart-Rente erst ab dem 6. Geburtstag greift, sollten Eltern bereits vorher eigenständig vorsorgen, um keine wertvollen Jahre zu verlieren. Es bietet sich an, früh ein Kinderdepot (Junior-Depot) zu eröffnen und z. B. monatlich einen Betrag in einen ETF-Sparplan für das Kind einzuzahlen. Viele Banken und Neobroker haben kostenlose Depotmodelle für Kinder im Angebot. Selbst wenn diese Einzahlungen nicht staatlich gefördert sind, wirkt der Zinseszinseffekt. So können Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes bereits ein Polster aufbauen, das parallel zur späteren Frühstart-Rente läuft. Tipp: Nutzen Sie Teile des Kindergeldes oder Geldgeschenke (von Großeltern etc.), um regelmäßig etwas fürs Kind anzulegen. Wenn dann mit 6 Jahren die staatlichen 10 € hinzukommen, ist schon Kapital und Erfahrung vorhanden. Achten Sie auf niedrige Kosten und eine breite Streuung der Anlage (z. B. ein weltweit anlegender ETF) – Stiftung Warentest empfiehlt in ihrem Ratgeber „Geld anlegen für Kinder“ einfache, kostengünstige Produkte. So legen Sie den Grundstein, den der Staat dann ergänzt. Wichtig: Dieses selbst angesparte Vermögen bleibt flexibel – im Gegensatz zur Frühstart-Rente könnten Sie es im Notfall verwenden oder dem Kind z. B. fürs Studium zukommen lassen, wenn nötig. Es ist sinnvoll, beides parallel zu haben: ein freies Sparkonto/Depot für mittelfristige Ziele und die gesperrte Frühstart-Rente für die Rente.

Für Eltern von Kindern im Förderalter (6–18 Jahre): Stellen Sie sicher, dass Sie von Anfang an die staatlichen Beiträge erhalten. Prüfen Sie, ob z. B. eine Depot-Eröffnung erforderlich ist, oder ob das automatisch geschieht. Sobald klar ist, wie die Umsetzung läuft (Ende 2025), informieren Sie sich bei Ihrer Hausbank oder Versicherung, ob sie die Frühstart-Rente anbietet, oder ob Sie einen bestimmten Anbieter wählen müssen. Es kann sich lohnen, einen Vergleich der Anbieter anzustellen, wenn Wahlfreiheit besteht: Achten Sie auf Depotgebühren, Fondsauswahl und Kosten. Ein Anbieter mit kostenlosem Depot und gebührenfreien ETFs ist ideal, damit die 10 € nicht durch Gebühren aufgezehrt werden. Einige Neobroker werben jetzt schon damit, dass sie „kinderfreundliche“ Konditionen bieten (z. B. Trade Republic erstattet bei einigen ETFs die Gebühren als „Kindergeld“ zurück). Nutzen Sie solche Angebote, falls passend, aber achten Sie immer auf die Seriosität des Anbieters. Sobald das Depot steht und die 10 € fließen, können Sie Ihr Kind einbeziehen: Erklären Sie, was da passiert – z. B. gemeinsam den Depotauszug ansehen, zeigen wie die 10 € investiert wurden, ob Gewinne/Verluste entstanden. Das fördert das Finanzverständnis des Kindes. In späteren Teenagerjahren können Sie Ihre Tochter/Ihren Sohn ermutigen, vielleicht selbst kleine Beträge vom Taschengeld oder Nebenjob in dieses (oder ein weiteres) Depot einzuzahlen – auch wenn eigene Einzahlungen formal erst ab 18 in das geförderte Depot möglich sind, kann der Teenager z. B. in einem separaten Depot sparen und das Geld mit 18 ins Altersvorsorge-Depot einzahlen. Planen Sie auch für mehrere Kinder: Jedes Kind bekommt sein eigenes Konto. Überlegen Sie, wie Sie z. B. Geldgeschenke gerecht aufteilen. Vermeiden Sie es, das geförderte Depot vor 18 mit eigenem Geld zu überhäufen (falls es technisch doch ginge), weil es steuerlich keine Vorteile bringt vor 18 und gebunden ist. Besser separat sparen und dann mit 18 transferieren.

FAQs

Was ist die Frühstart-Rente für Kinder?

Die Frühstart-Rente ist ein staatlich gefördertes Vorsorgemodell, das Kindern ab 2026 monatlich 10 € in ein Altersvorsorgedepot einzahlt, um langfristig Vermögen für die Rente aufzubauen.

Wer hat Anspruch auf die Frühstart-Rente?

Alle Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren, die eine Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen, erhalten die Förderung automatisch – unabhängig vom Einkommen der Eltern.

Wie hoch ist die staatliche Förderung?

Der Staat zahlt monatlich 10 € pro Kind über einen Zeitraum von 12 Jahren, insgesamt also 1.440 € pro Kind.

In welche Anlageformen wird investiert?

Das Geld wird in kapitalmarktorientierte Produkte wie breit gestreute ETFs oder Aktienfonds investiert.

Wer verwaltet das Altersvorsorgedepot?

Die Depots werden privatwirtschaftlich geführt – Banken, Broker oder andere Finanzdienstleister können als Anbieter fungieren.

Wann ist das Geld aus dem Depot verfügbar?

Eine Auszahlung ist erst mit dem gesetzlichen Renteneintritt (derzeit 67 Jahre) möglich. Vorherige Entnahmen sind ausgeschlossen.

Können Eltern zusätzlich Geld einzahlen?

Nein, Einzahlungen durch Eltern sind nicht vorgesehen. Erst ab dem 18. Lebensjahr können junge Erwachsene freiwillig eigene Beiträge leisten.

Gibt es steuerliche Vorteile?

Ja, die Erträge während der Ansparphase sind steuerfrei. Eine Besteuerung erfolgt erst bei Auszahlung im Rentenalter.

Was passiert im Todesfall vor Renteneintritt?

Das angesparte Vermögen ist vererbbar und geht im Todesfall an die rechtmäßigen Erben über.

Wie viel Kapital entsteht durch die staatliche Förderung allein?

Bei einer angenommenen jährlichen Rendite von 6 % ergibt sich ein Kapital von etwa 36.000 € zum Renteneintritt.

Was bringt ein zusätzlicher Sparplan ab 18 Jahren?

Ein monatlicher Eigenbeitrag von 50 € ab dem 18. Lebensjahr kann das Kapital auf über 200.000 € erhöhen (bei 6 % Rendite).

Wird die Förderung auch bei Auslandsaufenthalt gezahlt?

Nur wenn weiterhin eine deutsche Bildungseinrichtung besucht wird – genaue Regelungen hierzu sind noch nicht final definiert.

Kann das Depot aufgelöst oder übertragen werden?

Nein, das Depot ist bis zum Renteneintritt gesperrt und weder übertragbar noch kündbar.

Wie wird sichergestellt, dass die Gelder sinnvoll investiert werden?

Es ist geplant, sichere Standardprodukte wie breit gestreute ETFs zuzulassen. Eine Auswahl soll unter staatlicher Kontrolle stehen.

Wie funktioniert die Depot-Eröffnung?

Die Depoteröffnung soll automatisch durch den Staat erfolgen oder in Kooperation mit ausgewählten Finanzdienstleistern ermöglicht werden. Details folgen in der gesetzlichen Ausgestaltung.

Gibt es eine Nachverfolgung oder Information für Kinder und Eltern?

Ein digitales Verwaltungssystem, eventuell mit App, ist in Planung, um Einsicht in das Depot zu gewähren.

Was ist mit Kindern aus einkommensschwachen Haushalten?

Ab 2027 sollen Kinder aus einkommensschwachen Familien einen zusätzlichen Bonus von 5 € monatlich erhalten.

Wird das Kapital inflationsgeschützt angelegt?

Es ist vorgesehen, dass das Kapital durch Investitionen in den Kapitalmarkt potenziell über der Inflationsrate wächst. Eine Garantie gibt es jedoch nicht.

Was passiert, wenn keine Fondsauswahl getroffen wird?

In diesem Fall soll automatisch in ein Standardprodukt (z. B. ETF oder Fonds mit geringer Volatilität) investiert werden.

Wie können sich Eltern vorbereiten?

Eltern können sich jetzt schon über Anbieter und Kinderdepots informieren, zusätzliche Sparpläne einrichten und finanzielle Bildung fördern.

Quellen